2. Sitzung FA Nachhaltigkeitsberichterstattung

Datum:
01.02.2022 - 01.02.2022
Start:
14:00 Uhr
Ort:
Videokonferenz
Veranstalter:
DRSC

01.02.2022

Top Start Thema Dokumente
1 14:00 nicht öffentlich -
2 14:45 Educational Session zu Cluster 1 „Conceptual Guidelines & Cross Cutting Standards” – Entwürfe der PTF

Gegenstand des Top 2 bildete die Darstellung der Struktur der künftigen „European Sustainability Reporting Standards“ (ESRS) sowie des aktuellen Stands der Arbeiten der EFRAG Project Task Force on ESRS (PTF-ESRS). Darüber hinaus befasste sich der FA NB mit den Inhalten der am 21. Januar 2022 veröffentlichten „Working Papers“ des Cluster 1 „Conceptual guidelines and cross-cutting standards” der PTF-ESRS. Der Schwerpunkt der Erörterungen lag auf den Leitlinien („European Sustainability Reporting Guidelines“, ESRG). Kritisch diskutiert wurde u.a.

Umsetzung des doppelten Materialitäts-/Wesentlichkeitsprinzips

Der FA NB bewertete die Differenzierung zwischen einer „financial materiality“ innerhalb der Nachhaltigkeitsberichterstattung und einem abweichenden Materialitäts-/Wesentlichkeitsverständnis in der Finanzberichterstattung – wie in ESRG 1 enthalten – als nicht zielführend. Er sprach sich aus für eine „gemeinsame Sprache“ und den Rückgriff auf etablierte Begriffsverständnisse und Konzepte.

Diskutiert wurden ferner die faktischen Auswirkungen der Unterscheidung zwischen dem ISSB-Wesentlichkeitsansatz (finanzielle Maßgeblichkeit) und dem GRI-/EFRAG-Ansatz (doppelte Maßgeblichkeit). Diese Unterscheidung existiere zwar formell, erscheine aber aus Anwendersicht nicht selten artifiziell, da die Konzepte im Ergebnis nicht signifikant voneinander abwichen. Dies wurde am Beispiel der Angaben zur Human Rights-Due Diligence dargestellt, die sowohl von der Civil Society als auch seitens der Investoren oder Rating Agencies gefordert würden. Die Beweggründe hinter den Forderungen mögen bei einigen Stakeholdergruppen eher impact-orientiert und bei Shareholdern eher financial-orientiert sein – beide kämen jedoch zum gleichen Ergebnis: Human Rights sind ein wesentliches Thema, das somit im Bericht adressiert werden muss.

Verknüpfung von Nachhaltigkeits- und Finanzberichterstattung

ESRG 2 suggeriert eine vollständige Kompatibilität der sog. „qualitative characteristics“ mit den Berichtsgrundsätzen der Finanzberichterstattung. Gleichwohl stellt der FA NB fest, dass dies nur scheinbar zutrifft, da in den Leitlinien und ESRS 4 dem Relevanzprinzip das doppelte Materialitäts-/Wesentlichkeitsprinzip vorweg gestellt ist. Die Schnittstelle und Schnittmenge gemeinsamer Berichtsinhalte und die konzeptionellen Grundlagen für eine integrierte Berichterstattung sind damit nicht klar definiert.

Praktikabilität der vorliegenden Entwürfe

Vor dem Hintergrund des großen Umfangs des zugrunde gelegten Materialitäts-/Wesentlichkeitsprinzips (insb. mit Verweis auf den Einbezug der gesamten Wertschöpfungskette) thematisierte der FA NB die Praktikabilität und die Prüfbarkeit der Berichtsanforderungen. Kritisch gesehen wurden lange Listen potenziell materieller Themen, die von berichtspflichtigen Unternehmen vollständig abgeprüft und mit umfangreichen Berichtspflichten in Form von Begründungen zu für das Unternehmen nicht materiellen Berichtsinhalten verbunden sind. Verwiesen wurde auf die Vorteile kurzer und kompakter Berichte. Darüber hinaus wurde auch die Komplexität der vorliegenden Standardtextentwürfe kritisiert.

Eine öffentliche Konsultation zu den Inhalten steht noch aus. Gegenwärtig unterliegen die Entwürfe weiteren Review- und Konsensbildungsverfahren (u.a. durch sog. „Expert Working Groups“) innerhalb der PTF-ESRS. Eine Fortsetzung der Erörterungen ist für die kommende Sitzung des FA NB am 2. März 2022 geplant.

3 17:00 Educational Session zu Cluster 2 „Environment – Climate, Mitigation and Adaptation“ – Entwurf der PTF

Der FA NB informierte sich über die Struktur und den Inhalt des Working Paper ESRS E1 („Climate change“) (Unterlage: 02_03a). Dabei wurde auch über die Sitzung der DRSC-Arbeitsgruppe Klimaberichterstattung (AG Klima) vom 24. Januar 2022 berichtet. In dieser Sitzung hatte sich die AG Klima mit dem ESRS E1 befasst und vorläufige Einschätzungen über erste Berichtsangaben abgegeben.

Nach einem Überblick über die Struktur des ESRS E1 stellte der FA NB fest, dass sich eine Reihe von Angaben dem Grunde nach an den Empfehlungen der „Task Force on Climate-related Financial Disclosures“ (TCFD) orientierten.

Bzgl. der Berichtsangabe 1 (Transitionsplan bzgl. Übergang im Einklang mit Pariser Klimaabkommen) teilte der Mitarbeiterstab die Beobachtungen aus der AG Klima: Das Verständnis des Begriffs „Transitionsplan“ und seine Anknüpfung an den definierten Begriff des „action plan“ sei unklar. Auch die Operationalisierung des Klimaziels „net-zero“ unterliege in der Praxis keinem einheitlichen Verständnis. Die geforderte Angabe von „locked-in“-Emissionen unter einem Zeithorizont bis 2030 und 2050 sei zudem weder aus Ersteller- noch aus Adressatenperspektive sinnvoll, da es derzeit an allgemein akzeptierten Methoden und Modellen fehle. Der FA NB nahm die Einwertungen der AG zur Kenntnis.

Bzgl. der Berichtsangabe 2 (Resilienz Strategie & Geschäftsmodell ggü. wesentlichen Klimarisiken) bestand aus Sicht der AG Klima eine hohe Übereinstimmung mit den TCFD-Empfehlungen. Der FA NB stellte zudem fest, dass die in der Berichtsangabe 2 geforderte Resilienzanalyse entlang der Lieferkette sehr hohe Herausforderungen für die Ersteller birgt, auch wenn Untersuchungen dieser Art bereits praktiziert werden. Eine solche Analyse erfordere Daten von einer Vielzahl von Zulieferern und Kunden, die jedoch aus Praktikabilitätsgründen priorisiert werden müssen, da eine vollständige Erfassung in keinem Verhältnis zum Nutzen stünde. Entsprechende Ansätze (z.B. risikoorientierte Ansätze) der Priorisierung wesentlicher Lieferanten (Tier 1, Tier 2 etc.) hätten sich bereits etabliert und seien auch für die Nachhaltigkeitsberichterstattung akzeptiert. Die für eine Resilienzanalyse weniger relevante Aktivitäten in der Wertschöpfungskette würden dann nicht betrachtet, dies müsse aber in der Berichterstattung angegeben und begründet werden. Der FA NB warnte vor einem generalisierenden Einbezug der gesamten Wertschöpfungskette in die Berichtspflichten, da damit insbesondere mittelständische Unternehmen (sei es aufgrund der eigenen Berichtspflicht oder aufgrund der Tatsache, Teil der Wertschöpfungskette eines berichtspflichten Unternehmens zu sein) vor zu hohe Herausforderungen gestellt werden.  Eine Filterung, z.B. nach Wesentlichkeit, sei hier unabdingbar.

Bzgl. der Berichtsangabe 3 (Klimabezogene Ziele und Leistungsindikatoren bzgl. Vergütungsmodellen) stellte der FA NB fest, dass die Berücksichtigung klimabezogener Ziele und Leistungsindikatoren in den Vergütungsmodellen ein wirksamer Ansatz sein kann, um Treibhausgasreduktionen zu fördern. Auch sei zu beobachten, dass Investoren bereits jetzt Informationen über die Einbettung klimabezogener Ziele und Leistungsindikatoren in die Vergütungsmodelle der Unternehmen nachfragen.

Bzgl. der Berichtsangabe 4 (interne CO2-Preissysteme) stellte der FA NB fest, dass sich interne CO2-Preissysteme als Steuerungsinstrument in der Praxis etabliert haben. Jedoch erscheint der Detailgrad der Berichtsangaben zu hoch; insbesondere wurde das Interesse der Adressaten infrage gestellt. Außerdem stellte der FA NB fest, dass bspw. Angaben zu Forschung und Entwicklung und zu Investitionsausgaben aus Wettbewerbssicht sensibel sind.

Bzgl. der Berichtsangabe 5 (Prozess zur Ermittlung wesentlicher klimabezogener Auswirkungen, Risiken, Chancen) stellte der FA NB fest, dass die Nutzung von Klimaszenarien bei TCFD-Anwendern bereits in gewissem Maße etabliert ist. Aufgrund des damit verbundenen, sehr hohen Aufwands sei eine vollständige und verbreitete Anwendung jedoch nicht zu beobachten.

Weitere Berichtsangaben wurden in dieser Sitzung aufgrund von Zeitrestriktionen nicht behandelt. Eine Fortsetzung der Erörterungen ist für die kommende Sitzung des FA NB am 2. März 2022 geplant.

Zusätzliche Dokumente

Titel Datum
Ergebnisbericht
17.02.2022