BMJ Anhebung der Schwellenwerte für die Unternehmensgrößenklassen im HGB

Aktueller Stand

Am 16. April 2024 wurde das „Zweite Gesetz zur Änderung des DWD-Gesetzes sowie zur Änderung handelsrechtlicher Vorschriften“ im Bundesgesetzblatt (BGBl. 2024 I Nr. 120 vom 16.04.2024) verkündet.

Das Gesetz sieht eine Anhebung der monetären Schwellenwerte zur Bestimmung der Unternehmensgrößenklassen im Handelsbilanzrecht um jeweils rund 25 Prozent vor. Die Schwellenwertanhebung dient der Umsetzung der Delegierten Richtlinie 2023/2775 der Kommission vom 17. Oktober 2023 zur Änderung der Richtlinie 2013/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates durch Anpassung der Größenkriterien für Kleinstunternehmen und für kleine, mittlere und große Unternehmen oder Gruppen.

Das Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung im Bundesgesetzblatt in Kraft. Die geänderten Vorschriften zur Bestimmung der Unternehmensgrößenklassen sind erstmal anzuwenden auf Geschäftsjahre, die nach dem 31. Dezember 2023 beginnen. Unternehmen dürfen die neuen Schwellenwerte jedoch bereits auf das nach dem 31. Dezember 2022 beginnende Geschäftsjahr anwenden.

Der entsprechende Referentenentwurf des BMJ wurde im Dezember 2023, der Gesetzentwurf der Bundesregierung im Januar 2024 veröffentlicht. Der Deutsche Bundestag hatte am 22. Februar 2024 den Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des DWD-Gesetzes sowie zur Änderung handelsrechtlicher Vorschriften verabschiedet (vgl. Drucksache 20/10428). Der Bundesrat hatte in seiner 1042. Sitzung am 22. März 2024 den Gesetzesentwurf in seiner Entwurfsfassung gebilligt (vgl. Drucksache  97/24 (Beschluss)).

Änderungsentwurf des BMJ

Das BMJ hat am 22. Dezember 2023 eine Formulierungshilfe zu Änderungen des Handelsgesetzbuchs und des Einführungsgesetzes zum Handelsgesetzbuch veröffentlicht (siehe Pressemitteilung des BMJ). Die Änderungsvorschläge dienen der Anhebung der monetären Schwellenwerte zur Bestimmung der Unternehmensgrößenklassen im Handelsbilanzrecht. Diese sollen – in Umsetzung der von der Europäischen Kommission mit der Delegierten Richtlinie 2023/2775 vorgenommenen Änderungen an der Bilanzrichtlinie – um jeweils rund 25 % angehoben werden. Mit der Anhebung soll der inflationären Entwicklung, die seit der letzten Schwellenwertanhebung im Jahr 2015 durch das Bilanzrichtlinien-Umsetzungsgesetz (BilRUG) eingetreten ist, Rechnung getragen werden.

Demnach sollen die Schwellenwerte in §§ 267, 267a HGB-E für Kapitalgesellschaften auf die folgende Werte angehoben werden:

Kleinst-unternehmen
Kleine Unternehmen
Mittelgroße Unternehmen
Große Unternehmen
Bilanzsumme
≤ 450.000 € ≤ 7.500.000 € ≤ 25.000.000 € > 25.000.000 €
Umsatzerlöse
≤ 900.000 € ≤ 15.000.000 € ≤ 50.000.000 € > 50.000.000 €
Mitarbeiter
unverändert unverändert unverändert unverändert

Die neuen Schwellenwerte sollen erstmals auf Jahres- und Konzernabschlüsse, Lageberichte sowie Konzernlageberichte für das nach dem 31. Dezember 2023 beginnende Geschäftsjahr anzuwenden sein. Darüber hinaus soll den betroffenen Unternehmen die Möglichkeit eingeräumt werden, die neuen Schwellenwerte erstmalig bereits auf das nach dem 31. Dezember 2022 beginnende Geschäftsjahr anzuwenden.

Die Umsetzung ist besonders eilbedürftig. Um eine rechtzeitige Umsetzung zu ermöglichen, wurde die vorgesehene Anhebung der Schwellenwerte aus dem Maßnahmenpaket für ein viertes Bürokratieentlastungsgesetz (BEG IV) herausgelöst und soll nun beschleunigt mittels Formulierungshilfe in einem anderen Gesetzesträger umgesetzt werden.

Hintergrund

Am 21. Dezember 2023 ist die Delegierte Richtlinie (EU) 2023/2775 zur Änderung der Bilanzrichtlinie (Richtlinie 2013/34/EU) im Amtsblatt der Europäischen Union erschienen.

Mit dieser Delegierten Richtlinie werden die in der Bilanzrichtlinie genannten Schwellenwerte für Kapitalgesellschaften und ihnen gleichgestellte Personengesellschaften auf die folgende Werte angehoben:

Kleinst-unternehmen
Kleine Unternehmen
Mittelgroße Unternehmen
Große Unternehmen
Bilanzsumme
≤ 450.000 € ≤ 5.00.000 € ≤ 25.000.000 € > 25.000.000 €
Umsatzerlöse
≤ 900.000 € ≤ 10.000.000 € ≤ 50.000.000 € > 50.000.000 €
Mitarbeiter
unverändert unverändert unverändert unverändert

Den EU-Mitgliedstaaten wird zudem gestattet, Schwellenwerte für kleine Unternehmen festzulegen, die über die o.g. Schwellenwerte hinausgehen. Diese dürfen jedoch für kleine Unternehmen 7.500.000 € für die Bilanzsumme und 15.000.000 € für die Umsatzerlöse nicht überschreiten.

Die delegierte Richtlinie ist von den EU-Mitgliedstaaten bis zum 24. Dezember 2024 in nationales Recht umzusetzen. Sie ist für Geschäftsjahre, die am oder nach dem 1. Januar 2024 beginnen, anzuwenden. Die EU-Mitgliedstaaten dürfen den Unternehmen jedoch gestatten, diese Vorschriften auf Geschäftsjahre anzuwenden, die am oder nach dem 1. Januar 2023 beginnen.

Zum Hintergrund:

Die Schwellenwerte wurden zuletzt im Jahr 2013 angepasst. Mit der Änderung trägt die Europäische Kommission den Auswirkungen der Inflation Rechnung. Die Europäische Kommission ist dazu verpflichtet, die Schwellenwerte mindestens alle fünf Jahre zu überprüfen und ggf. im Wege von delegierten Rechtsakten zu ändern, wobei die im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlichten Inflationsdaten zu berücksichtigen sind (Artikel 3 Abs. 13 Bilanzrichtlinie).

Eingaben & Stellungnahmen

Literaturhinweise

Autor/In Titel Datum
Brune, Jens/ Hayn, Benita DStR-Report Internationale Rechnungslegung DStR, 05/2024, S. 251 ff. 2024
Fülbier, Rolf U./ Schmidt, Ingo Rate-regulated Activities: Implikationen des neuen § 21b EnWG für die IFRS-Rechnungslegung deutscher Übertragungsnetzbetreiber KoR, 07-08/2023, S. 289 ff. 2023
Meyering, Stephan / Hintzen, Christoph / Schönrock, Nicolas Die Entwicklung der handelsrechtlichen Größenklassen Ergebnisse einer quantitativen Untersuchung KoR, 03/2021, S. 133 f. 2021
Kirsch, Hanno Erleichterungsvorschriften für Kleinstgesellschaften IFRS und Handelsrecht im Vergleich PiR, 05/2020, S. 160 ff. 2020
Meyering, Stephan / Hintzen, Christoph / Schönrock, Nicolas Handelsrechtliche Größenklassen im Zeitverlauf − Fortschreitende Deregulierung oder Inflationsausgleich? Der Betrieb, 13/2020, S. 629 ff. 2020