IASB Post-implementation Review (PiR) IFRS 10, IFRS 11 und IFRS 12
Aktueller Stand
Der IASB hat am 20. Juni 2022 ein Project Report and Feedback-Statement veröffentlicht, welches den Abschluss des Post-Implementation Review (PiR) zu IFRS 10 Konzernabschlüsse, IFRS 11 Gemeinsame Vereinbarungen und IFRS 12 Angaben zu Anteilen an anderen Unternehmen bildet.
Darin kommt der IASB zu dem Schluss, dass IFRS 10, IFRS 11 und IFRS 12 grundsätzlich wie beabsichtigt funktionieren und dass die Anwendung dieser Standards keine unerwarteten Kosten in der Praxis verursacht hat.
Im Ergebnis beschloss der IASB, dass keines der Themen, die sich aus dem PiR ergeben hatten, von hinreichend hoher Priorität ist, um in das Arbeitsprogramm des IASB oder die Forschungspipeline für 2022 bis 2026 aufgenommen zu werden.
Zugleich hat der IASB auf Basis der Rückmeldungen, die er auf seinen Request for Information erhalten hatte, die folgenden fünf Themen als Themen von „niedriger Priorität“ identifiziert:
- Investmentgesellschaften – Tochtergesellschaften, die selbst eine Investmentgesellschaft sind,
- Kooperationen und Vereinbarungen, die nicht vom Anwendungsbereich von IFRS 11 erfasst sind,
- Ausgestaltung eines Erwerbs über ein Vehikel einer legalen Einheit („corporate wrapper“),
- Veränderungen in der Beziehung zwischen einem Investor und einem Beteiligungsunternehmen und
- Angaben nach IFRS 12 Angaben zu Anteilen an anderen Unternehmen.
Diese Themen könnten dann in das Arbeitsprogramm des IASB aufgenommen werden, wenn diese im Rahmen der nächsten Agenda-Konsultation des IASB mit „hoher Priorität“ eingestuft werden.
Der PiR zu IFRS 10, IFRS 11 und IFRS 12 ist damit abgeschlossen. Das Feedback Statement ist auf der Website des IASB abrufbar (weitere Informationen).
Das DRSC hat anlässlich der Veröffentlichung des Feedback Statements zum PiR erneut eine Stellungnahme an den IASB übermittelt (weitere Informationen).
Gegenstand des PiR zu IFRS 10, IFRS 11 und IFRS 12
Der IASB hat die Durchführung des PiR zu IFRS 10, IFRS 11, IFRS 12 in zwei Phasen geteilt.
In der ersten Phase wurden Themenbereiche identifiziert, die von Erstellern, Prüfern, Enforcern, Wissenschaftlern und Investoren sowie sonstigen interessierten Personen in IFRS 10, IFRS 11 und/oder IFRS 12 als problematisch angesehen werden. Die erste Phase des PiR wurde im April 2020 abgeschlossen.
Auf Basis der identifizierten Themen hat der IASB in der zweiten Phase im Dezember 2020 ein Request for Information (RfI) veröffentlicht. Dieser konnte bis zum 10. Mai 2021 kommentiert werden.
Im RFI wurden insgesamt 15 Fragen zu den folgenden Themen zur Kommentierung gestellt:
IFRS | Themenfeld | Thema | Frage |
n/a | Angaben zum Hintergrund des Befragten | 1 | |
IFRS 10 | Beherrschung – Verfügungsgewalt über das Beteiligungsunternehmen |
Identifikation der maßgeblichen Tätigkeiten | 2(a) |
Rechte, die einem Investor Verfügungsgewalt verleihen | 2(b) | ||
Beherrschung ohne Stimmrechtsmehrheit | 2(c) | ||
Beherrschung – Verknüpfung zwischen Verfügungsgewalt und Rendite |
Prinzipal-/Agenten-Beziehungen | 3(a) | |
Agentenbeziehungen, die nicht auf einer vertraglichen Vereinbarung beruhen („De Facto-Agenten“) | 3(b) | ||
Investment- gesellschaften |
Definition von Investmentgesellschaften | 4(a) | |
Tochtergesellschaften, die selbst eine Investmentgesellschaft sind | 4(b) | ||
Bilanzierungs- vorschriften |
Veränderungen in der Beziehung zwischen einem Investor und einem Beteiligungsunternehmen |
5(a) | |
Teilweiser Erwerb eines Tochterunternehmens, das keinen Geschäftsbetrieb darstellt | 5(b) | ||
IFRS 11 | Kooperationen und Vereinbarungen, die nicht vom Anwendungsbereich von IFRS 11 erfasst sind | 6 | |
Einstufung von gemeinsamen Vereinbarungen | 7 | ||
Bilanzierungsvorschriften für gemeinschaftliche Tätigkeiten | 8 | ||
IFRS 12 | Angaben zu Anteilen an anderen Unternehmen | 9 | |
Sonstiges | Sonstige Anmerkungen, inkl. des Zusammenwirkens von IFRS 10 und IFRS 11 mit anderen IFRS | 10 |
Hintergrund
Der RFI ist Teil des Post-Implementation Review (PIR) dieser Standards und bittet um Rückmeldungen zur Anwendung der Standards und zu den Informationen, die den Nutzern der Jahresabschlüsse zur Verfügung gestellt werden. Der IASB wird die Rückmeldungen zum RFI nutzen, um festzustellen, ob weitere Maßnahmen erforderlich sind.
PIRs werden durchgeführt, um die Auswirkungen eines neuen Standards zu bewerten, nachdem die Unternehmen die Vorschriften einige Zeit lang angewandt haben.
IFRS 10 regelt die Erstellung von (konsolidierten) Konzernabschlüssen; IFRS 11 regelt die Bilanzierung von Anteilen an gemeinsamen Vereinbarungen; und IFRS 12 legt die Informationen fest, die im Anhang über Beteiligungen an anderen Unternehmen offenzulegen sind.
Stellungnahme des IFRS-Fachausschusses des DRSC
Das DRSC hat am 10. Mai 2021 seine Stellungnahme zum Post-implementation Review zu IFRS 10, IFRS 11 und IFRS 12 an den IASB übermittelt.
Darin vertreten wir die Ansicht, dass IFRS 10 insgesamt ein robustes Gerüst an Prinzipien und Grundsätzen für die Beurteilung, ob ein Investor ein Beteiligungsunternehmen beherrscht, bereitstellt. In Einzelfällen kann die Beurteilung in der Praxis herausfordernd sein; dies ist jedoch oftmals auf die Komplexität einzelvertraglicher Gestaltungen und nicht auf grundsätzliche Mängel in IFRS 10 zurückzuführen.
Weiterhin sind wir der Auffassung, dass – obwohl die Erstanwendung von IFRS 11 in der Praxis mit einigen Herausforderungen verbunden war (z. B. in Bezug auf die Klassifizierung von gemeinsamen Vereinbarungen) – in der Praxis Lösungen für diese Anwendungsprobleme entwickelt wurden.
Ungeachtet unserer grundsätzlichen Überzeugung, dass IFRS 10 und IFRS 11 im Allgemeinen gut funktionieren, stellen wir in unserer Stellungnahme jedoch auch fest, dass für einige Anwendungsfragen weiterhin Regelungslücken bestehen. Dies bezieht sich in erster Linie auf die Schnittstelle des Anwendungsbereichs von IFRS 10 und IFRS 11 zu anderen Standards, wie z. B.:
- die Bilanzierung von Put-/Call-Optionen auf nicht beherrschende Anteile,
- die Veräußerung oder Einbringung eines Tochterunternehmens (oder einer Gruppe von Vermögenswerten) zwischen einem Investor und einem assoziierten Unternehmen oder Gemeinschaftsunternehmen,
- ob die rechtliche Ausgestaltung eines Erwerbs über ein Vehikel einer legalen Einheit („corporate wrapper“) einen Einfluss auf die Bilanzierung haben sollte (oder nicht), und
- die Bilanzierung aus Sicht eines Agenten, d.h. wie interagieren die Anforderungen an “Prinzipale und Agenten” in IFRS 10 mit IAS 28.
Im Hinblick auf diese übergreifenden Fragestellungen besteht ein Bedarf an Nachschärfungen durch den IASB.
Des Weiteren empfehlen wir dem IASB, prinzipienbasierte Leitlinien für die Bilanzierung von Transaktionen zu entwickeln, die eine Veränderung der Art der Einbeziehung eines Beteiligungsunternehmens beinhalten. In unserer Stellungnahme weisen wir darauf hin, dass die IFRS noch immer nicht sämtliche Statuswechsel regeln; dies gilt insbesondere für gemeinschaftliche Tätigkeiten.
Einzelheiten können der DRSC-Stellungnahme entnommen werden.