EFRAG Indossierung IFRS 17 Insurance Contracts
Aktueller Stand
Am 23. November 2021 hat die EU-Kommission mit der Verordnung EG/2021/2036 IFRS 17 Versicherungsverträge (inkl. einiger Folgeanpassungen an anderen IFRSs) – verabschiedet vom IASB im Mai 2017 – sowie die nachträglichen Änderungen an IFRS 17 – verabschiedet vom IASB im Juni 2020 – in EU-Recht übernommen.
Jedoch unterliegt die IFRS 17-Indossierung einer Besonderheit: Die IFRS 17-Vorschrift zur Bildung von Jahreskohorten (IFRS 17.22) unterliegt gemäß Artikel 2 dieser IAS-Verordnung EG/2021/2036 einer optionalen Ausnahmeregelung: Die Kommission räumt – abweichend von der IASB-Fassung von IFRS 17 – den Anwendern in der EU ein Wahlrecht ein, ob die Vorschrift in IFRS 17.22 für bestimmte Verträge angewendet wird oder nicht. Die Begründung dafür ist in den Erwägungsgründen 8 ff. dieser Verordnung dargestellt. Der im Anhang zur Verordnung abgedruckte Text von IFRS 17 selbst ist identisch mit der IASB-Fassung.
Hintergrund und Historie
Bereits Mitte 2017 begann das Übernahmeverfahren des Standards in der Europäischen Union. Da der IASB von 2018 bis 2020 aufgrund von im Rahmen der Implementierung aufgetretenen Anwendungsherausforderungen Änderungen von IFRS 17 erarbeitet und Mitte 2020 veröffentlicht hatte, hatte EFRAG die Arbeiten an der Indossierungsempfehlung vorerst ausgesetzt. Anfang 2020 wurden diese Arbeiten wieder aufgenommen. Einen Entwurf der Indossierungsempfehlung (sog. Draft Endorsement Advice) hatte EFRAG am 30. September 2020 veröffentlicht; die Konsultation endete am 29. Januar 2021.
Am 31. März 2021 hat EFRAG eine endgültige Indossierungsempfehlung publiziert. Darin wird formuliert, dass IFRS 17 mit Ausnahme der Regelung zu Jahreskohorten den fachlichen Indossierungskriterien und der European Public Good-Anforderung entspricht. Zur Regelung der Jahreskohorten wurde mitgeteilt, dass 7 (von 16) EFRAG-Board-Mitglieder auch diesbezüglich alle Indossierungskriterien als erfüllt ansehen, weitere 7 Boardmitglieder hingegen nicht. Die übrigen zwei Mitglieder äußerten dazu keine Meinung.
Nach dieser Finalisierung begannen anhaltende Diskussionen auf Ebene der EU inkl. ARC. Es wurde umgehend bekannt, dass die EU-Kommission eine Ergänzung in der entsprechenden Übernahme-Verordnung betreffend IFRS 17 anstrebt. Dieser zufolge sollte – als Erleichterung – ein zusätzliches (also in der IFRS 17-Fassung des IASB nicht enthaltenes) Wahlrecht geschaffen werden, welches dazu berechtigt, für bestimmte Verträge die Jahreskohortenregelung nicht anzuwenden. Dieses Wahlrecht soll nach spätestens fünf Jahren (Ende 2027) überprüft und ggf. gestrichen werden.
Am 16. Juli 2021 hat das ARC formell über die IFRS 17-Indossierung abgestimmt und – ohne Gegenstimme – für den Entwurf der Verordnung mit der vorgenannten Zusatzregelung gestimmt.
In der endgültigen IAS-Verordnung ist nun diese seit längerem verfolgte Ausnahmeregelung verankert. Zugleich ist laut Text der Verordnung vorgesehen, dass diese Ausnahmeregelung spätestens Ende 2027 geprüft und ggf. abgeändert oder gestrichen wird.
Zielsetzung & Indossierungsprozess
Entsprechend der IAS-Verordnung EG/1606/2002 sind die vom IASB veröffentlichten IFRS für deren Anwendung in der EU in europäisches Recht zu übernehmen (Indossierung). Hierzu erarbeitet EFRAG in Zusammenarbeit mit Interessenvertretern eine Empfehlung und prüft, ob die fachlichen Kriterien der IAS-Verordnung für eine Indossierung erfüllt sind und ob die Implementierung eines Standards oder einer Änderung für das europäische Gemeinwohl zuträglich sind (conduciveness for the European public good).
Daraufhin erstellt die Europäische Kommission einen Verordnungsentwurf zur Übernahme. Hierüber hat dann der Regelungsausschuss für Rechnungslegung (Accounting Regulatory Committee – ARC) abzustimmen. Nach einem positiven Votum haben das Europäische Parlament und der Ministerrat der Europäischen Union drei Monate Zeit, um ihr Veto gegen den Verordnungsentwurf der Kommission einzulegen. Erfolgt kein Einspruch oder ist diese Frist verstrichen, wird der Verordnungsentwurf von der Kommission verabschiedet und der Standard im EU-Amtsblatt mit dem in der Verordnung genannten Anwendungsdatum veröffentlicht.
Befassung durch den IFRS-Fachausschuss
Das DRSC hat den Standarderstellungsprozess von IFRS 17 und damit in Zusammenhang stehende Projekte sehr eng begleitet. Der IFRS-Fachausschuss hat die Vorschläge des IASB erörtert und dazu die Meinung der interessierten Öffentlichkeit im Zuge von Öffentlichen Diskussionen eingeholt. In der Folge hat der IFRS-FA Stellungnahmen zu den jeweiligen Konsultationspapieren des IASB, insb. zu den jüngst verabschiedeten (und zuvor im Entwurf vorgeschlagenen) Änderungen, eingereicht.
Mit Publikation der Draft Endorsement Advice durch EFRAG im September 2020 hat der IFRS-FA begonnen, deren Inhalte bzw. Aussagen intensiv zu diskutieren. Diese Diskussion wurde abgeschlossen, indem das DRSC am 25. Januar 2021 seine Rückmeldung (Anschreiben sowie Antworten auf die Fragen) an EFRAG übermittelt hat.
Arbeitsgruppe „Versicherungen“
Zur Unterstützung der fachlichen Einschätzung der IASB-Vorschläge hatte der IFRS-FA die Arbeitsgruppe „Versicherungen“ eingerichtet. In den Sitzungen der AG wurden die vom IASB vorgeschlagenen Standardentwürfe oder Änderungen erörtert und die jeweiligen Themen aufbereitet. Die Ergebnisse und Vorschläge wurden dem IFRS-FA in Vorbereitung weiterer Diskussionen und zur Erarbeitung von Stellungnahmen vorgestellt.
Später hat die AG auch den Draft Endorsement Advice intensiv diskutiert bzw. gewürdigt und so einen wesentlichen Beitrag zur Meinungsbildung und anschließenden Rückmeldung des DRSC an EFRAG geleistet.