ISSB Internationalisierung der SASB Standards

Aktueller Stand

Der ISSB hat am 11. Oktober 2023  den Zwischenstand der Überarbeitung der SASB-Standards im Änderungsmodus (sog. blackline documents) veröffentlicht. Die 77 Branchenstandards wurden mit dem Ziel überarbeitet, die zum Teil US-amerikanisch geprägten Vorgaben und Metriken zu internationalisieren und damit weltweit anwendbar zu machen.

Diese nun veröffentlichten Versionen der Branchenstandards im Änderungsmodus werden bis zum 10. November 2023 auf der Website des SASB zur Verfügung stehen. Zwar wurde dieser Zwischenstand grundsätzlich lediglich zur Information, nicht zur Konsultation veröffentlicht. Allerdings sind Rückmeldungen an den ISSB zu möglicherweise bestehenden grundlegenden Problemen (fatal flaws) der vorgesehenen Änderungen bis zum 10. November 2023 möglich. Solche Rückmeldungen sollen online, über dieser Link erfolgen.

Im nächsten Schritt wird der ISSB die finalen SASB-Standards voraussichtlich im Dezember 2023 ratifizieren und veröffentlichen, um somit eine Anwendung zeitgleich mit der Erstanwendung von IFRS S1 und S2 für Geschäftsjahre ab dem 1. Januar 2024 zu ermöglichen.

Hintergrund

Die SASB Standards umfassen 77 Branchenstandards, die jeweils die für eine Branche relevanten Nachhaltigkeitsthemen aufführen und entsprechende Indikatoren für Umwelt-, Sozial- und Governance-Aspekte definieren. Diese Branchenstandards wurden ursprünglich von dem US-amerikanischen Sustainability Accounting Standards Board (SASB) entwickelt und enthalten daher derzeit zahlreiche US-amerikanische Referenzen und Metriken. Mit der Fusion der Value Reporting Foundation und der IFRS Foundation im August 2022 ist die Verantwortung für die Pflege, Überarbeitung und Fortentwicklung der SASB-Standards auf den International Sustainability Standards Board (ISSB) übergegangen.

Auch wenn die SASB Standards derzeit keine IFRS Sustainability Disclosure Standards (IFRS SDS) darstellen, sind sie für Unternehmen, die nach den IFRS SDS berichten möchten, dennoch relevant. So sieht IFRS S1 vor, dass SASB Standards diesen Unternehmen als Orientierung und Referenz für bislang in den IFRS SDS nicht adressierte Nachhaltigkeitsthemen dienen können.

Das Ziel des ISSB ist es, in diesem eng abgegrenzten Projekt, die bislang nicht an internationale Vorgaben angepassten Metriken (ca. 20% der Metriken der SASB Standards, mithin ca. 200 Metriken) bis zum Zeitpunkt der Erstanwendung der IFRS SDS (1. Januar  2024) zu überarbeiten. Dies gilt unabhängig davon, dass sich der ISSB im April für eine Erleichterung beim Übergang auf die IFRS-Nachhaltigkeitsberichterstattung ausgesprochen hat. Demnach können Unternehmen im Jahr der IFRS SDS-Erstanwendung zunächst nur gem. IFRS S2 berichten. IFRS S1 wäre somit erst im Folgejahr verpflichtend anzuwenden. Der Erstanwendungszeitpunkt, 1. Januar 2024, ändert sich dadurch nicht.

Dem Ziel der Überarbeitung bis zum Erstanwendungszeitpunkt von IFRS S1 und S2 ist der ISSB mit der Veröffentlichung der Blackline-Version näher gekommen. Die Ratifizierung und Veröffentlichung der finalen überarbeiteten SASB-Standards ist weiterhin für Dezember 2023 geplant.

 

ISSB-Vorschlag zur Vorgehensweise

Am 11. Mai 2023 hatte der ISSB einen Exposure Draft (ED) mit Vorschlägen zum Vorgehen für die Internationalisierung der SASB-Standards veröffentlicht. Für die Internationalisierung der bisher US-amerikanisch geprägten Metriken schlägt der ISSB in dem ED fünf Ansätze zur Überarbeitung vor. Demnach sollen die bisherigen  Metriken möglichst durch international anerkannte Metriken ersetzt werden, Ansatz (1). Ansatz (2) sieht eine international anerkannte allgemeine Definition vor. Gem. Ansatz (3) würde auf die Konkretisierungen der einzelnen Jurisdiktionen verwiesen werden. Ansatz (4) sieht die Streichung der bisherigen Metrik und Ansatz (5) den Ersatz durch eine neue Metrik vor. Die überarbeiteten Metriken wird der ISSB, voraussichtlich im Oktober 2023, für einen sog. fatal flaw Review veröffentlichen.

Der Vorschlag umfasst neben der Überarbeitung der Metriken auch die entsprechende Aktualisierung der SASB Standards Taxonomie.

Eine weitere Überarbeitung der SASB-Standards ist im Rahmen dieses eng abgegrenzten Projekts nicht geplant. Allerdings fragt der ISSB in dieser Konsultation auch nach solchen Überarbeitungen der SASB-Standards, die über diese Internationalisierung der Metriken hinaus als notwendig erachtet werden. In den Stellungnahmen gegenüber dem ISSB können daher die hier vorgeschlagene Methode zur Internationalisierung der Metriken, aber auch ganz grundsätzliche Fragestellungen zur zukünftigen Ausgestaltung der SASB-Standards adressiert werden.

Der Entwurf konnte bis zum 9. August 2023 kommentiert werden. Dazu sind beim ISSB 149 Stellungnahmen eingegangen (hier einsehbar). Der ISSB hat diese Rückmeldungen in seiner Sitzung im September 2023 ausgewertet.

Aktivitäten des DRSC

Der Fachausschuss Nachhaltigkeit (FA NB) des DRSC hat sich in seinen Sitzungen insbesondere im Mai und Juni 2023 mit diesem ISSB-Entwurf befasst und einen Stellungnahmeentwurf erarbeitet. Diese vorläufige Einschätzung wurde in einer Öffentlichen Diskussion am 28. Juni 2023 vorgestellt. Auf dieser gemeinsamen Veranstaltung mit ISSB und EFRAG stellte Frau Jenny Bofinger-Schuster, Mitglied des ISSB, die Inhalte des Entwurfs vor. Frau Prof. Dr. Kerstin Lopatta, Universität Hamburg und Mitglied des FA NB, stellte in ihrer Funktion als stellvertretende Vorsitzende des EFRAG SRB die vorläufige Einschätzung des EFRAG SRB vor.

Derzeit ist das DRSC im Gespräch mit Unternehmen, um ggf. bestehende grundlegende Probleme (fatal flaws) zu identifizieren.

Auf Basis der bisherigen Befassungen im FA NB und der Rückmeldungen aus der Öffentlichen Diskussion wird der FA NB seine Stellungnahme finalisieren.

Zugehörige Veranstaltungen

  • 18. Sitzung FA Nachhaltigkeitsberichterstattung
  • 16.06.2023
  • 18. Sitzung FA Nachhaltigkeitsberichterstattung
  • 16.06.2023
  • ISSB ED/2023/1 Methodology for Enhancing the International Applicability oft he SASB Standards and SASB Standards Taxonomy Updates

    Der FA NB befasste sich mit dem Entwurf zur Stellungnahme an den ISSB, der auf Basis der vorangegangen FA NB-Diskussion erarbeitet wurde. Der FA NB stimmte dem Entwurf zu und bestätigte damit beispielsweise folgende Punkte:

    • Befürwortung des vom ISSB initiierten Projekts zur Internationalisierung der SASB-Standards,
    • Potenzielle Relevanz der SASB-Standards für Unternehmen, die Nachhaltigkeitsberichte erstellen und dafür auch sektorspezifische Informationen bereitstellen müssen (d.h., ggf. auch für Berichterstattung gem. ESRS relevant),
    • ISSB muss Rolle der SASB-Standards im IFRS-Kontext klarstellen (z.B. Pflichtangaben oder weiterhin freiwillige Auswahl der Metriken; Umfang der Anforderungen),
    • ISSB sollte den angedachten Review-Prozess für die überarbeiteten SASB-Standards klar und mit deutlichem Vorlauf kommunizieren; ISSB sollte auch den Auswahlprozess für die gewählten internationalen Metriken transparent darstellen (zum Teil wurden auch in der Vergangenheit die US-amerikanisch geprägte Metriken der SASB Standards von Unternehmen individuell angepasst, um SASB Metriken für Unternehmensumfeld anzupassen, sodass ggf. Auswirkungen für Berichtspraxis entstehen könnten / Befassung mit den Metriken als wichtig angesehen wird).

    Der FA NB nimmt ebenfalls den Entwurf der EFRAG-Stellungnahme zu diesem Projekt zur Kenntnis und beschließt, EFRAG vor Ablauf ihrer Kommentierungsfrist die finale DRSC-Stellungnahme zuzusenden. Den Überlegungen von EFRAG stimmt der FA NB grundsätzlich zu.

  • 17. Sitzung FA Nachhaltigkeitsberichterstattung
  • 22.05.2023
  • 17. Sitzung FA Nachhaltigkeitsberichterstattung
  • 22.05.2023
  • ISSB ED/2023/1 Methodology for Enhancing the International Applicability oft he SASB Standards and SASB Standards Taxonomy Updates

    Frau Beiersdorf stellt anhand der Cover Note und der Präsentation zu diesem TOP Hintergründe, Zeitplan und Vorgehensweise des ISSB für dieses Projekt sowie die konkreten Vorschläge des ISSB zur Überarbeitung der SASB Standards vor.

    Der FA NB begrüßt die vom ISSB vorgeschlagene Internationalisierung der bisher US-amerikanisch geprägten SASB Standards, um eine internationale Anwendbarkeit des IFRS S1, der auf diese Branchenstandards verweist, zu ermöglichen. Zugleich wird mit diesem Vorgehen eine Angleichung der internationalen Anforderungen an die Nachhaltigkeitsberichterstattung unterstützt, was auch aus Sicht des FA NB wünschenswert ist. Bspw. trägt es zur internationalen Angleichung bei, wenn sich die SASB Standards an dem international anerkannten GHG Protocol anlehnen.

    (Hinweis: klimabezogene Anpassungen der SASB Standards waren/sind bereits Gegenstand der Erarbeitung und Überarbeitung des IFRS S2 zu klimabezogenen Angaben, der ED „Methodology for Enhancing the International Applicability of the SASB Standard and SASB Standards Taxonomy Updates“ greift alle nicht-klimabezogenen derzeit nicht international anwendbaren Referenzen auf.)

    Der FA NB diskutiert die vom ISSB aufgeworfenen Fragen. In der Beantwortung der Fragen des ED, d.h. in seiner Stellungnahme an den ISSB, möchte der FA NB der Befassung mit den konkreten Fragen des ED (gem. den vorläufigen Überlegungen dieser FA NB Sitzung) zwei übergreifende Anmerkungen voranstellen.

    • Hinweis an den ISSB, dass es aus Sicht der Stakeholder für die weitere Befassung mit den SASB Standards erforderlich ist, ein Verständnis dafür zu bekommen, wie diese Bran­chenstandards künftig in das Gesamtkonzept der IFRS Sustainability Disclosure Standards (IFRS SDS) eingebettet werden sollen.
    • Hinweis an den ISSB, dass der FA NB Verständnis für die vom ISSB gewählte Vorgehensweise hat, nicht die überarbeiteten SASB Standards selbst, sondern stattdessen die dafür vorgeschlagene Vorgehensweise zur Diskussion zu stellen. Der FA NB erkennt an, dass die Überarbeitung zeitkritisch ist, um eine internationale Anwendbarkeit bis zum Erstanwendungszeitpunkt der IFRS SDS (1.1.2024) sicherzustellen. Zudem sind mit der Internationalisierung der Metriken keine inhaltlichen Änderungen intendiert. Dennoch regt der FA NB unbedingt eine klare Kommunikation in Bezug auf den vom ISSB vorgesehenen review der überarbeiteten SASB Standards an.

    Den im ED aufgeworfenen Fragen stimmt der FA NB grundsätzlich zu (d.h. vorgeschlagene Methode ist zweckmäßig und geeignet, Zielsetzung ist zu begrüßen, die vorgeschlagenen Ansätze sollten in Bezug auf einige Details wie etwa dem Verweis auf nationale Vorgaben überdacht werden). Für die zukünftige Überarbeitung der SASB Standards sind grundlegende Anpassungen zu erwägen, wie bspw. die Aktualisierung der Nachhaltigkeitsthemen der einzelnen Branchen, die Ausrichtung auch auf Chancen der Nachhaltigkeitsorientierung von Unternehmen und die Einbettung in die Konzeption der IFRS SDS.

    Die auf Basis dieser Diskussion zu erarbeitende vorläufige Stellungnahme wird der FA NB auf der kommenden Sitzung (18. Sitzung des FA NB, 16. Juni 2023) diskutieren. Die Ergebnisse dieser Diskussion werden im Rahmen der Öffentlichen Diskussion des DRSC, gemeinsam mit ISSB und EFRAG, am 28. Juni 2023 zur Diskussion gestellt.

Literaturhinweise

Autor/In Titel Datum
Brune, Jens/ Hayn, Benita DStR-Report Internationale Rechnungslegung DStR, 45/2023, S. 2519 ff. 2023
Zülch, Henning/ Schneider, Anne/ Kayser, Christoph Integration Matters! Integratives Nachhaltigkeitsverständnis als Erfolgsrezept für eine gute Nachhaltigkeitsberichterstattung Ein Einblick in die Berichtsaison 2022 und 2023 der DAX160-Unternehmen KoR, 09/2023, S. 384 ff. 2023
Keiling, Mario/ Müller, Elena/ Müller, Felix Mit Soll und Haben den Planeten retten? Wie die doppelte Buchführung den Klimawandel bekämpfen kann KoR, 09/2023, S. 354 ff. 2023
Brune, Jens/ Hayn, Benita DStR-Report Internationale Rechnungslegung DStR, 32/2023, S. 1790 ff. 2023
Keiling, Mario/ Wirth, Maximilian Status Quo der Nachhaltigkeitsberichterstattung im Lichte der geplanten ESRS Eine empirische Analyse für die Unternehmen des DAX, MDAX und SDAX WPg, 13/2023, S. 745 ff. 2023