21. April 2021

Europäische Kommission legt Richtlinienentwurf zur Nachhaltigkeitsberichterstattung vor; nach DRSC-Studie stiege die Zahl der berichtspflichtigen Unternehmen in Deutschland um mehr als das 30-fache

Die Europäische Kommission veröffentlichte am heutigen 21. April 2021 einen Richtlinien-Entwurf zur Weiterentwicklung der Nachhaltigkeitsberichterstattung.

Ziel des Legislativ-Akts ist, mit einer verbesserten Berichterstattung über Umwelt-, Sozial- und Governance-Aspekte zum Übergang in ein nachhaltiges und integratives Finanz- und Wirtschaftssystem im Einklang mit dem europäischen Green Deal und den UN-Zielen für nachhaltige Entwicklung beizutragen.

Der ambitionierte Kommissionsvorschlag trägt dem gestiegenen Bedarf an nachhaltigkeitsbezogenen Unternehmensinformationen Rechnung. Eine neue terminologische Ausrichtung der Richtlinie reflektiert das gestiegene Bewusstsein, dass Nachhaltigkeitsaspekte erhebliche Risiken, aber auch Chancen für die finanzielle Leistungsfähigkeit von Unternehmen mit sich bringen können. Die bisherige Terminologie „nichtfinanzielle Berichterstattung“ (nonfinancial reporting) wird durch den Begriff „Nachhaltigkeitsberichterstattung“ (sustainability reporting) ersetzt.

Die von der Kommission angestrebten strengeren Anforderungen an die Nachhaltigkeitsberichterstattung werden künftig von weitaus mehr Unternehmen zu erfüllen sein. Der von der Kommission vorgeschlagene Anwendungsbereich würde gemäß den Ergebnissen der im Februar 2021 veröffentlichten DRSC-Studie bereits in der Anfangsphase die Anzahl berichtspflichtiger Unternehmen in Deutschland um das 30-fache ansteigen lassen. Dies ist dadurch bedingt, dass der Richtlinienvorschlag den Geltungsbereich auf alle großen Unternehmen ausweitet, unabhängig davon, ob sie kapitalmarktorientiert sind oder nicht und ohne die bisherige Schwelle von 500 Mitarbeitern.. Darüber hinaus schlägt die Kommission vor, den Anwendungsbereich ab 1. Januar 2026 auch auf kapitalmarktorientierte KMUs auszuweiten. Für eine Ausweitung des Geltungsbereichs hatte sich auch das DRSC in seinen Handlungsempfehlungen an das BMJV ausgesprochen, wenn auch in einem deutlich geringeren Ausmaß.

Im Richtlinienentwurf vorgesehen ist die Ermächtigung der Kommission, EU-Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung mittels delegierter Rechtsakte zu erlassen. Die Kommission soll bei der Annahme dieser Standards die von der EFRAG zu erstellenden technischen Empfehlungen berücksichtigen. Im Richtlinienentwurf definiert werden Mindestqualitätskriterien, zu erfassende Inhalte und zu berücksichtigende EU-Vorgaben. Insbesondere mit dem Erfordernis der Konnektivität der Berichtsanforderungen mit weiteren EU-Vorgaben – wie z.B. Taxonomie-VO und Offenlegungs-VO – begründet die Kommission die Notwendigkeit eigener EU-Standards. Die DRSC-Studie hatte hingegen für eine stärkere Berücksichtigung internationaler Rahmenwerke plädiert.

Ferner ist die Einführung einer inhaltlichen Prüfungspflicht vorgesehen. Diese ist zunächst auf die prüferische Durchsicht (limited assurance) begrenzt. Der Europäischen Kommission ist es vorbehalten, spezifische Prüfungsstandards durch delegierte Rechtsakte zu erlassen. Diese würden dann die Grundlage einer Prüfung mit hinreichender Sicherheit (reasonable assurance) bilden. Deutlich geht aus dem Richtlinienentwurf die Verantwortlichkeit von Vorstand und Aufsichtsrat für die Nachhaltigkeitsberichterstattung hervor. Der Prüfungsausschuss hat auch die Nachhaltigkeitsberichterstattung sowie die dafür notwendigen Systeme und Prozesse zu überwachen.

Einen Überblick über die wesentlichen Inhalte des Richtlinienvorschlags lässt sich dem DRSC Briefing Paper zum Kommissionsvorschlag entnehmen.

Anlässlich der Veröffentlichung des Richtlinienvorschlags zur Nachhaltigkeitsberichterstattung äußerte sich der Präsident des DRSC, Georg Lanfermann, wie folgt: „Die von der Kommission auf den Weg gebrachten Neuerungen zur Nachhaltigkeitsberichterstattung zeigen einen klaren Trend zur Gleichstellung finanzieller und nachhaltigkeitsbezogener Unternehmensinformationen und werden die Unternehmensberichterstattung in ihrer Gänze einer neuen Bedeutung zuführen. Sowohl die ins Visier genommene Breite betroffener Unternehmen als auch die geplante Erstanwendung der Vorgaben für das Geschäftsjahr 2023 zeugen von einem hohen Ambitionsniveau der Europäischen Kommission. Hinsichtlich der zukünftig zu erwartenden europäischen Standardsetzung zur Nachhaltigkeitsberichterstattung hätte sich das DRSC eine stärkere Ausrichtung an internationalen Entwicklungen gewünscht. Nur eine klare internationale Orientierung erlaubt es deutschen Unternehmen, bestehende Komplexitäten in der Nachhaltigkeitsberichterstattung zu überwinden und unnötige Bürokratiekosten für ausschließlich regional verwendbare Standards zu vermeiden.“